Cosplay

Cosplay – für viele in Deutschland, oder vor allem bei uns in Bayern noch immer ein buchstäbliches Fremdwort.

Franzi als Effie Trinket aus der Buchverfilmung „Die Tribute von Panem“

Cosplay – für viele in Deutschland, oder vor allem bei uns in Bayern noch immer ein buchstäbliches Fremdwort. „Ist denn schon wieder Fasching?“ ist nicht das einzige Vorurteil mit dem sich die kreativen Kostümbildner in der Szene herumschlagen müssen. Ich möchte euch in diesem Artikel näherbringen, was sich denn hinter dem Begriff „Cosplay“ überhaupt verbirgt und zeigen, dass es durchaus ein wundervolles Hobby für jedermann sein kann.

Ich bin zwar selber keine direkte Anhängerin dieser Szene, habe allerdings Freunde deren Hobby das Cosplayen ist. Ansonsten war ich als Fotografin selber schon auf einer kleinen Convention unterwegs um mir das Ganze mal näher anzuschauen und um ein paar großartige Kostüme mit der Kamera festzuhalten.

Franzi als Daenerys Targaryen aus der Serie „Game of Thrones“
Franzi als Daenerys Targaryen aus der Serie „Game of Thrones“

Zunächst möchte ich euch ein bisschen was zur Geschichte dahinter erzählen: Man geht davon aus, dass der tatsächliche Ursprung von Cosplay in Nordamerika und der dortigen Science-Fiction-Szene kommt und nicht direkt aus Japan, wie die meisten Leute annehmen. Von dort wurde es dann erst von Japan aufgegriffen und in den 80er Jahren als Cosplay, wie man es heute kennt, geprägt.

Der Begriff Cosplay setzt sich aus den englischen Wörtern „costume“ und „play“ zusammen und bedeutet somit wörtlich übersetzt „Kostümspiel“, was das ganze doch schon ziemlich gut beschreibt.

In Deutschland verbreitete sich Cosplay mit dem damaligen Boom und dem Erfolg von Animes im kommerziellen Fernsehen der 90er Jahre. Serien wie Sailor Moon, Dragon Ball, Digimon und Pokemon prägten die Kindheit meiner Generation. Ich erinnere mich daran, als wäre es gestern gewesen, wie ich jeden Tag nach der Schule vor dem Fernseher saß und laut das Titellied von Sailor Moon mitsang. Wenn ich genau darüber nachdenke, habe ich tatsächlich als 8-Jährige erste Cosplay-Erfahrungen gesammelt, als mir meine Mutter damals ein Sailor-Moon-Kostüm nähte und ich damit für die Gerechtigkeit kämpfte. Spaß beiseite – aber ich hab damit immerhin einen kleinen örtlichen Kostümwettbewerb für mich entscheiden können.

Die Vernetzung des Internets hat sehr viel zur Szenebildung beigetragen. Durch einschlägige Foren zum Thema und erste Social-Media-Plattformen wie Myspace konnten sich Menschen mit ihrer Leidenschaft ortsunabhängig zusammen tun. Ende der 90er Jahre wurden erste Conventions veranstaltet und Printmedien zum Cosplay herausgegeben.

Doch wie sieht denn Cosplay eigentlich in Natura aus?

Der Cosplayer stellt mit einem (oft selbst gebautem oder geschneiderten) Kostüm eine Figur aus Comic, Manga, Anime, Film, Fernsehen oder Videospiel sowohl äußerlich als auch verhaltenstechnisch möglichst originalgetreu dar. Ihr seht, es muss also zwangsweise gar nichts mit Japan zu tun haben. Das ist definitiv eines der größten Vorurteile. Mittlerweile gibt es ähnlich viele Cosplays zu westlichen Filmen, Serien oder Comics. Ein gutes Beispiel dafür ist die Serie „Game of Thrones“. Die mittelalterlichen Kostüme und Rüstungen haben natürlich sofort großen Anklang bei Cosplayern gefunden wie auch bei Fans der Serie, die gerade deshalb mit dem Cosplay erst angefangen haben. Abgesehen davon werden auch Musiker und Künstler, Tiere, Fantasiewesen oder sogar Gegenstände gecosplayt, frei nach dem Motto: nichts ist unmöglich. Natürlich ist und bleibt Japan trotzdem ein großer Bestandteil in der Szene. Ich sehe Cosplay als wunderbare Möglichkeit um für kurze Zeit in eine komplett andere Welt einzutauchen, in andere Rollen zu schlüpfen und einem Charakter, den man mag nahe zu sein.

Zum Kostüm gehören natürlich neben der eigentlichen Kleidung auch die richtigen Accessoires, eine Perücke, eventuell teils lebensgroße Waffenimitationen, Make-up um mitunter die Gesichtszüge noch deutlicher anzugleichen und natürlich passende Mimik und Posing um seinem Charakter so nah wie möglich zu kommen. Es gibt aber auch viele Cosplayer, die zwar einen Charakter darstellen, dem Kostüm aber ihre persönliche Note geben und einige Dinge abwandeln. Alles kann, nichts muss.

Chris als Stormtrooper aus „Star Wars“
Chris als Stormtrooper aus „Star Wars“

Grundsätzlich kann man sagen, dass die Mehrheit der Anhänger Cosplay als Hobby ausüben. Wie mit allen anderen Dingen, hat man zwar auch hier die Möglichkeit Geld damit zu verdienen, die Chance ist allerdings eher gering. Dennoch gibt es einige Cosplayer, die beispielsweise ganze Kostüme, Teile davon oder Accessoires auf Auftrag herstellen und diese verkaufen. Mittlerweile gibt es auch in Deutschland einen richtigen Markt und eigene Shops dafür. Für viele ist es ein Muss ein eigenes Kostüm herzustellen, da gerade auch das Bauen und Schneidern großen Spaß macht und man anschließend gehörig stolz darauf sein kann sein fertiges Kostüm der Community zu präsentieren.

Das muss aber nicht zwangsläufig so ein. Nicht jeder hat beispielsweise die Zeit ein Kostüm anzufertigen oder sich das Nähen oder andere Grundlagen beizubringen. Ein bereits fertiges Kostüm zu kaufen ist da natürlich bequemer und zeitsparender. Die Möglichkeiten reichen hier von billigen, schlecht geschnittenen Faschingskostümen bis hin zu maßgeschneiderten, detailreichen, per Handarbeit gefertigten Cosplays.

Je nach Kostüm wird mit verschiedensten Materialien gearbeitet von Hartstoffen und Kunststoffen über Kleidungsstoffe bis hin zu Elektronik. Beliebte Werkstoffe sind Worbla, Foam und Moosgummi.

Das großartige an diesem Hobby ist: jeder kann es machen!

Es gibt weder eine Altersbeschränkung noch irgendwelche Fertigkeiten, die man haben muss. Zwar sind manche Eigenschaften sicherlich von Vorteil wie ein gewissen Maß an Kreativität, logischem Denken und viel, viel Geduld. Fähigkeiten, die man beim Cosplayen tatsächlich braucht wie Nähen und Basteln kann man sich selber durch Übung sehr gut aneignen. Schließlich ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.

Aber wo kann man denn Cosplayer überhaupt antreffen?

Die meisten werden das Ganze eher aus irgendwelchen Berichten oder Reportagen kennen, statt schon mal live gesehen zu haben. Das liegt ganz einfach daran, dass man Cosplayer hauptsächlich auf entsprechenden Veranstaltungen, sogenannten Conventions, antrifft, ihr natürlicher Lebensraum sozusagen. Das sind Messen wie die Gamescom, die Comic Con, die Dokomi oder die Frankfurter Buchmesse. Bei uns in Deutschland Cosplayer auf der Straße zu treffen ist eher ungewöhnlich, es sei denn jemand ist gerade auf dem Weg zu einem Fotoshooting oder es ist eine Convention in der Nähe.

Natürlich gibt es auch Cosplaywettbewerbe.

Hier haben die Teilnehmer die Möglichkeit eine kurze Einlage zu liefern, das kann vom Monolog, über das Singen des Titellieds bis hin zum Showkampf alles sein. Bewertet wird anschließend neben der Ähnlichkeit zum Original des Kostüms, auch die Fertigung des Cosplays sowie die Präsentation des Charakters. Aber auch die Zuschauerreaktion spielt eine Rolle.
Viele Cosplayer nutzen übrigens gerne die Möglichkeit mit professionellen Fotografen zu arbeiten, um auf den fertigen Bildern dem Cosplay den letzten Schliff zu verpassen. Egal wie großartig ein Kostüm ist, magische Effekte und Ähnliches sind nur per Nachbearbeitung und Bildmanipulation möglich. (Siehe Bild 6 und 7 als Vergleich)

Das für mich persönlich lustigste und authentischste Cosplay war ein Mann, der auf der amerikanischen Comic-Con einen kurzen Bühnenauftritt hinlegte. Er hatte sich als ein Charakter der Comic-Serie „South Park“ kostümiert. Der Charakter ist ein übergewichtiger Mann, der quasi den ganzen Tag nicht nichts anderes tut, außer Videospiele zu spielen und zu essen. Der Cosplayer schob also einen Tisch mit PC auf die Bühne, klickte anschließend mit konzentriertem Blick auf einen nicht vorhandenen Bildschirm die Maus und wischte sich einige imaginäre Chipskrümel vom Bauch. Ich hab Tränen gelacht. Für mich hätte er definitiv einen Preis verdient.

Chris, Cosplayer aus Regensburg

Chris cosplayt seit 4 Jahren und hat bisher rund 15 verschiedene Cosplays bisher angefertigt. Da er immer schon gerne für Fasching und Halloween Kostüme selbst gemacht hat, war Cosplay als Hobby eigentlich nur der nächste logische Schritt. Im Jahr besucht er zusammen mit seiner Freundin Bine zwischen 15 und 20 Conventions.

Chris versucht grundsätzlich nur Rohmaterialien, wie Foam, Worbla, Stoffe usw. zu kaufen. Alles andere wird dann daraus selbst geschneidert und hergestellt. Während das Schneidern meistens Bine übernimmt, kümmert sich Chris gerne um das Bauen sowie die Elektronik. „In der Regel kaufen wir immer nur nach Bedarf ein. Wenn ein Projekt ansteht, besorgen wir vorher alle benötigten Materialien. Foam und Stoffe kann man oft schon günstig einkaufen, aber bei Elektronik und Hartmaterialien wie Worbla kann es schon kostenintensiver werden.“

„Meistens lasse ich mich durch Videospiele und Filme inspirieren. Dabei suche ich mir generell irgendwie immer Cosplays aus, die dann während der Herstellung irgendwann zu einer richtigen Herausforderung werden. Geschafft haben wir bisher aber alles was wir geplant hatten.“ Sein zeitintensivstes Projekt war dabei sein Priester-Cosplay aus dem Videospiel „World of Warcraft“. (siehe Foto 6)

Chris mit seiner Freundin Bine als Khal Drogo und Daenerys Targaryen aus „Game of Thrones“
Chris mit seiner Freundin Bine als Khal Drogo
und Daenerys Targaryen aus „Game of Thrones“

Das Bauen hat er sich ganz einfach durch „Learning by doing“ selbst beigebracht. Oft musste zwar mal nachgebessert werden oder manches sogar nochmal komplett neu gemacht werden, weil es beim ersten Mal nicht gleich so geklappt hat wie geplant. Aber das ist halb so wild, denn es heißt ja schließlich nicht umsonst „Übung macht den Meister“. Ansonsten hat er entsprechende Bücher bzw. Zeitschriften gelesen und ganz einfach Profis aus der Szene gefragt. Leider gibt es aber auch immer wieder mal Cosplayer, die ihr Wissen nicht so gerne teilen. „Ich finde es toll, wenn man sich innerhalb der Szene untereinander hilft. Allerdings hab ich auch schon mal eine Abfuhr kassiert mit der Begründung: mir hat damals auch keiner geholfen, ich musste es auch selber lernen.“

„Von Außenstehenden kriegt man manchmal aber auch Sachen zu hören, Aussagen wie, ich sei ein klassischer Nerd oder das Kellerkind, das sich immer in selbigen verzieht um an seinen Rüstungen zu basteln“. Abgesehen von solchen Vorurteilen, mit denen er immer wieder mal konfrontiert wird, hat Chris mit seiner Leidenschaft aber noch keine wirklich schlechten Erlebnisse gehabt.

Viel wichtiger als das sind allerdings die schönen Seiten des Cosplays. „Ich finde es großartig wie umfangreich und stetig man sein Wissen erweitern kann, durch die Unterhaltungen mit all den neuen Leuten, die man beim Cosplayen kennen lernt.“ Durch das Cosplayen haben sich für Chris mittlerweile auch schon viele neue Freundschaften ergeben, die in ganz Deutschland verteilt und sogar weltweit verstreut leben.

„Da die meisten unserer Cosplay-Freunde weit entfernt wohnen, sind Conventions die perfekte Möglichkeit um sich mal wieder zu treffen. Ansonsten ist mein Ziel auf Cons hauptsächlich sehen und gesehen werden, das neue Kostüm auszuführen und natürlich mit den ein oder anderen Fotos zu machen.“

Für alle Neueinsteiger hat er natürlich gleich einen Tipp parat: „Einfach machen, ausprobieren und andere um Hilfe bitten. Das lohnt sich oft und das schlimmste was euch dabei passieren kann ist auch nur eine blöde Antwort. Natürlich könnt ihr auch gerne mich fragen:
www.instagram.com/chris_from_chrisbee_cosplay

Franzi, Cosplayerin aus Eichstätt

Franzi cosplayt schon seit 11 Jahren. In dieser Zeit sind bereits über 50 verschiedene Cosplays entstanden. Zu diesem kreativen Hobby kam sie damals über die Community von Animexx.de. Sie besucht rund 5 Conventions im Jahr.

Bei der Auswahl ihrer Cosplays achtet Franzi vor allem auf den Wohlfühlfaktor. Fallen beispielsweise manche Kostüme zu knapp aus, werden Röcke einfach ein paar Zentimeter länger gemacht oder der Ausschnitt etwas kleiner um das Cosplay straußentauglicher zu machen. Für viele Cosplayer ist je nach Kostüm beispielsweise das Sitzen gar nicht möglich oder alleine zur Toilette zu gehen ein No-go.

Franzi als Boa Hancock aus dem Manga/Anime „One Piece“
Franzi als Boa Hancock aus dem Manga/Anime „One Piece“

Franzi versucht so viel wie möglich selbst zu gestalten. Wenn es möglich ist kauft sie nur Schuhe, Perücken und Handschuhe. „und Hosen! Hosen mache ich auch nicht mehr selber, das ist echt knifflig und am Ende passen sie meistens nicht so gut.“ In der Regel schneidert sie ihre Kostüme alle. Ansonsten arbeitet Franzi ab und an noch mit Fimo. Das Nähen hat sie von ihrer Mama gelernt. Mit ihr hat sie auch die ersten Kostüme zusammen geschneidert. Danach hat sie sich die gröbsten Grundlagen abgeschaut, sich eine Nähmaschine zugelegt und los ging der Spaß. Alles weitere kam dann ganz von selbst. Und wenn sie mal nicht weiter weiß, kann sie natürlich nach wie vor immer Mama fragen.

„Um Kosten einzusparen versuche ich grundsätzlich günstig aber trotzdem hochwertig einzukaufen, daher suche ich meistens lange nach den passenden Materialien. Ich hab auch mal einige Stoffe geschenkt bekommen und versuche diese zu verarbeiten und ansonsten halte ich immer nach Rabattaktionen Ausschau und nutze beispielsweise auch den Cybermonday und Ähnliches. Wenn es möglich ist versuche ich auch Perücken umzustylen und wieder zu verwenden. Grundsätzlich kann man sagen, je mehr man kaufen muss, desto teurer wird es. Daher versuche ich auch Sachen wie Schmuck möglichst oft selber zu machen und Kosten zu sparen.

Ihre Freunde in Eichstätt finden das Thema Cosplay zwar interessant, machen aber nicht aktiv mit. Im Laufe der Zeit hat Franzi natürlich auch in der Szene einige Freunde gefunden, die ihre Leidenschaft teilen. Mit zwei Freundinnen, die sie ganz am Anfang kennen lernte ist sie auch heute noch befreundet. „Da ich ein sehr geselliger Mensch bin, macht es mir am meisten Spaß neue Leute durchs Cosplayen kennen zu lernen, Freunde zu treffen, die meine Leidenschaft teilen. Für mich ist die Verbundenheit und die Gemeinschaft das schönste. Daher treffe ich auf Cons hauptsächlich meine Freunde, mache Fotos und supporte auch mal dortige Künstler, ich kaufe echt gern in der Zeichnermeile ein. Und ich liebe Gruppencosplays, gibt nichts schöneres!“ Als Gruppencosplay versteht man mehrere Cosplayer, die zusammen verschiedene Charaktere aus beispielsweise der selben Serie oder aus dem gleichen Videospiel darstellen.

Franzis persönliches Cosplay-Highlight war, als sie den Charakter Anna aus „Frozen“ darstellte und kleine Mädchen ein Foto mit ihr machen wollten. „Das war so unglaublich süß!“

Im Gegensatz zu anderen Teilen Deutschlands, wie beispielsweise Nordrhein-Westfalen, stößt man im recht konservativen Bayern leider immer noch oft auf taube Ohren was dieses kreative und vielseitige Hobby angeht. „Vor allem im Dorf kann man das Ganze leider oft komplett vergessen. Dort interessiert es so gut wie keinen und es versteht auch fast niemand. Bayern ist sehr zurückhaltend was das angeht. Aber ich muss auch dazu sagen, die Lage verbessert sich stetig. Das Wort „Cosplay“ wird immer bekannter“.

Franzi hat auch Tipps für Neueinsteiger: „Wer mit diesem kreativen und vielseitigen Hobby anfangen möchte, sucht sich am Besten Plattformen wie Instagram, Youtube und schaut sich Tutorials an. Es ist auch wichtig mit anderen Cosplayern in Kontrakt zu treten und zu fragen. Ich poste zum Beispiel oft auf Instagram wenn ich Hilfe brauche oder eine Frage habe und bekomme dort viel Feedback. Da hab ich meine ganz persönliche Community.“

Franzi findet ihr auf Instagram hier:
www.instagram.com/tomomirror

 


Text & Fotos: Corinna Meister, www.jetztgibtsbeef.de

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