Über 70 Prozent der Deutschen nehmen heute Arzneien mit Pflanzenwirkstoffen, vor allem bei Befindlichkeitsstörungen und leichteren Erkrankungen. Auch viele Ärzte verschreiben laut einer Untersuchung des Komitees Forschung Naturmedizin, Phytopharmaka, also Medikamente mit pflanzlichen Wirkstoffen.
Bevor in den Labors der Pharmaindustrie chemische Wirkstoffe für Medikamente entwickelt wurden, waren etwa 80 Prozent aller in Arzneimitteln genutzten Substanzen pflanzlicher Natur. Auch viele der heute verwendeten chemisch-synthetischen Arzneistoffe haben ihren Ursprung in Pflanzenwirkstoffen. Durch Isolierung und Weiterentwicklung der natürlichen Wirksubstanzen sind vielfältige Arzneimittel entstanden. Ein Beispiel dafür ist die Acetylsalicylsäure, die aus dem Salicin der Weidenrinde entwickelt wurde, und gegen Schmerzen und beispielsweise auch zur Vorsorge gegen Herzinfarkt, bzw. Wiederholungsinfarkte eingesetzt wird.
Die Anwendung von pharmazeutisch gewonnenen, standardisierten Pflanzenextrakten hat gegenüber der Anwendung von pflanzlichen (wie z.B. in Kräutertees) eine Reihe von Vorteilen. Bei Verwendung nicht standardisierter Pflanzenauszüge ist eine genaue Dosierung der Inhaltsstoffe nicht möglich. Die Auswahl unterschiedlicher Pflanzenteile bei der Herstellung von Wirkstoffauszügen kann die Wirksamkeit ebenso beeinflussen, wie die Art des bei der Extrahierung verwendeten Lösungsmittels (z.B. Wasser, Ethanol, Methanol).
Hinzu kommt: Die Pflanze kann neben dem erwünschten Hauptwirkstoff auch eine große Zahl an möglicherweise gesundheitlich belastenden Begleitstoffen enthalten. Manche Anhänger der traditionellen Pflanzenheilkunde sehen aber gerade in der Komplexität und Wirkstoffvielfalt einen therapeutischen Vorteil.
Fakt ist: Bis heute ist die medizinische Pflanzenkunde noch ein in weiten Teilen unerforschtes Gebiet. Botaniker schätzen, dass von mindestens 250.000 verschiedenen Pflanzenarten bis jetzt weniger als fünf Prozent auf ihr medizinisches Potenzial hin untersucht wurden. Die größte Ressource für die Entdeckung neuer, weiterer medizinischer Pflanzenwirkstoffe sind die Regenwaldgebiete rund um den Äquator.
Häufigste Einsatzgebiete für die Phytotherapie sind heute Erkrankungen des Nervensystems und der Psyche (z.B. Johanniskrautpräparate) sowie Herz- und Kreislauferkrankungen (z.B. Weißdorn), Erkrankungen der Atemwege (z.B. Eibisch), Magen und Darmerkrankungen (z.B. Wermut), Befindlichkeitsstörungen in der Menopause (z.B. Imicifugen), urologische Beschwerden sowie eine Reihe von Hauterkrankungen (z.B. Nachtkerze).
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